Berichte

Aktuelle Fakten zur Minenproblematik

Die Minenproblematik ist nach wie vor ein schwerwiegendes Problem, für dessen Lösung große Anstrengungen notwendig sind. Die rückschrittliche Entscheidung des US-Präsidenten zum US-Landmineneinsatz darf dabei nicht bremsend wirken! Wir haben für Sie nochmals zusammengefasst, was Antipersonenminen so gefährlich macht und wie die internationale Gemeinschaft dagegen vorgeht. Und wir stellen Ihnen aktuelle Zahlen und Lösungsansätze für die Zukunft vor.

Was sind Landminen?

Allgemein wird zwischen Landminen und explosiven Kriegsresten (ERW) unterschieden. Landminen haben unterschiedliche Formen, Größen und Farben und können aus Metall, Holz oder Plastik oder Glas hergestellt werden. Im Gegensatz zu Fahrzeugminen, sind Antipersonenminen empfindlich genug, um durch den Kontakt mit einer Person ausgelöst zu werden. Es ist nicht leicht, eine Mine zu erkennen. Sogar wenn Minen offen auf der Erde verlegt wurden sind sie oft von Laub verdeckt oder im Gras versteckt. Liegt eine Mine unter der Erde, so kann sie nur von einem erfahrenen Entminer erkannt werden. Die niedrigen Kosten einer Antipersonenmine (zwischen 3 und 30 US-Dollar) machen sie  auch für finanzschwache Länder oder nichtstaatliche Akteure zu einer attraktiven Waffe. Sie zu räumen kostet nach UN-Schätzungen hingegen pro Stück zwischen 300 und 1.000 US-Dollar. Es gibt zudem improvisierte Minen (IEDs), die aus Alltagsgegenständen wie beispielsweise aus Kanistern, Konservendosen oder Plastikwasserröhren und selbstgemachtem Sprengstoff hergestellt werden. Deren Beseitigung ist selbst für erfahrenste Entminer besonders gefährlich.

Kinder in Gefahr: In Laos liegen direkt neben Feldern und Wegen gefährliche ERW.

Explosive Waffen (ERW), die nicht wie vorgesehen detonieren und so zu Blindgängern (UXO) werden, sowie während eines bewaffneten Konflikts zurückgelassene Munition (AXO), fallen nicht unter den Begriff Landminen. Ihr Gefahrenpotential ist aber ähnlich groß und Minenräumprojekte schließen immer auch die Säuberung von ERW mit ein.

Weltweit gelten Antipersonenminen als inhumane und geächtete Waffen, da sie nicht zwischen Zivilisten und Soldaten unterscheiden und auch Jahrzehnte nach dem offiziellen Ende eines bewaffneten Konflikts ein lebensbedrohliches Risiko für die in den betroffenen Regionen lebenden Menschen darstellen. Für die Betroffenen sind Landminen in vielerlei Hinsicht wie ein unsichtbares Gefängnis, welches ihre Bewegungsfreiheit und das Entwicklungspotenzial der verminten Gebiete massiv einschränkt.

Wie reagiert die internationale Gemeinschaft?

Eine zentrale Rolle im Kampf gegen Landminen spielt die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen / International Campaign to Ban Landmines (ICBL). Als globales Netzwerk ist das Bündnis von über 1.200 nichtstaatlichen Organisationen in 90 Ländern vertreten und setzt sich seit 1992 für eine Welt ohne Antipersonenminen ein, in der Minenopfer ein erfülltes Leben führen können. Auch Gemeinsam gegen Landminen (GGL) ist Mitglied von ICBL, die 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Verleihung des Friedensnobelpreises an die Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen.

Verhandlungen der Vereinten Nationen, Antipersonenminen im Rahmen der UN-Vereinbarung über konventionelle Waffen vollständig zu verbieten, scheiterten. Es gilt als ein herausragender internationaler Erfolg, dass trotzdem die unablässigen Bemühungen der beteiligten NGO und Staaten am 1. März 1999 zu der Unterzeichnung der Ottawa-Konvention führten. Diese verbietet den Einsatz, die Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Antipersonenminen und schreibt ihre vollständige Vernichtung vor. Bisher traten 164 Staaten dem Minenverbotsvertrag bei. Zuletzt unterzeichneten im Dezember 2017 Sri Lanka und Palästina den völkerrechtlich bindenden Vertrag. 36 Staaten haben den Vertrag noch immer nicht unterzeichnet, darunter USA, Russland, China, Israel, Syrien, Burma/Myanmar, Indien und Pakistan.

Die weltweite Minensituation aktuell: Zahlen & Fakten

Jährlich veröffentlicht die ICBL mit dem Landminenmonitor einen umfassenden Report über die weltweite Minensituation. Der Landminenmonitor 2019 veranschaulicht die globalen Bemühungen zur Umsetzung und Universalisierung des Minenverbotsvertrages. Demzufolge stieg die Zahl der Opfer von Landminen, improvisierten Sprengsätzen, die wie Minen wirken, Blindgängern von Streubomben sowie anderen explosiven Kriegsresten im vierten Jahr in Folge.

Registrierten Landminenunfälle im Jahr 2018.

Wie akut Menschen weltweit auch heute noch durch Landminen und andere explosive Kriegsreste bedroht werden, zeigt diese Karte der registrierten Landminenunfälle aus dem aktuellen ICBL-Jahresbericht.

Als besonders besorgniserregender Trend gilt laut dem Bericht die steigende Nutzung improvisierter Minen durch nichtstaatliche bewaffnete Akteure, die im Jahr 2018 die bis dato höchste Zahl der Opfer improvisierter Minen zur Konsequenz hatte.

Somit belief sich die Anzahl der zivilen Opfer, welche 71% der Gesamtopferzahl ausmachen, im Berichtsjahr 2018 auf insgesamt 6.897. Diese Zahl setzt sich aus 3.837 Verletzten und 3.059 Todesopfern zusammen. Jedoch bleibt die Erfassung vollständiger Daten aus Gebieten mit andauernden Kampfhandlungen eine Herausforderung, weshalb von noch höheren Opferzahlen auszugehen ist.

Betroffen sind insbesondere die in Konfliktgebieten in Afghanistan, Mali, Burma/Myanmar, Nigeria, Syrien und der Ukraine lebenden Menschen. Mit einem Anteil von 54 % waren zudem mehr als die Hälfte der Opfer Kinder, was einen Anstieg von 12 % im Laufe der letzten beiden Jahre bedeutet. In Burma/Myanmar konnte im vergangen Jahr zudem der Einsatz neuer Antipersonenminen durch Regierungstruppen nachgewiesen werden.

Anlässlich des 20-jährigen Erscheinens des Landminenmonitors wird jedoch auch auf die zahlreichen Erfolge seit Inkrafttreten des Minenverbotsvertrages hingewiesen. So konnte seit 1999 beispielsweise das weltweite Arsenal an Antipersonenminen von 160 Millionen auf weniger als 50 Millionen reduziert werden. Nichtsdestotrotz besteht vor allem in dem Bereich der Unterstützung und Rehabilitation der überlebenden Minenopfer laut Bericht weiterhin erweiterter Handlungsbedarf seitens der Vertragsstaaten.

Mit Projekten in Afghanistan, Burma/Myanmar, dem Irak und der Ukraine unterstützt GGL Projekte in besonders stark betroffenen Ländern.

Ein Schritt vorwärts, zwei zurück: USA erwägen erneuten Einsatz von Landminen

Ende Jänner hat US-Präsident Donald Trump das von seinem Vorgänger Barack Obama 2014 erlassene Verbot des unbegrenzten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär aufgehoben. Zuvor war US-Streitkräften der Einsatz von Anti-Personenminen ausschließlich an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea gestattet.

Landmine in der Ukraine, direkt neben einer befahrenen Straße.

In einer Pressemitteilung des Weißen Hauses wurde die international umstrittene Kehrtwende u. a. damit gerechtfertigt, dass es darum gehe, dem „Militär die Flexibilität und die Fähigkeit zu geben, die es zum Siegen braucht“. Allerdings zweifeln Expertinnen und Experten an der Erklärung des Weißen Hauses, dass die Gefahr für die Zivilbevölkerung durch die moderne Selbstzerstörungsfunktion von Minen gesenkt wird. Vielmehr seien die Fehlerquoten dieser Abschaltmechanismen zumeist bedeutend höher, als von den Herstellern angegeben.

Zusätzliche Informationen zu den Rahmenbedingungen eines möglichen erneuten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär gibt es hier.

GGL verurteilt die Entscheidung Trumps zutiefst, da sie ein fatales Signal an alle Betroffenen darstellt und zudem die internationalen Bemühungen der 164 Staaten untergräbt, die sich als Mitglieder des Ottawa-Abkommens für ein globales Landminenverbot einsetzen.

Fünfzig Maßnahmen für eine minenfreie Welt

Alle fünf Jahre kommen die Mitgliedsstaaten des Ottawa-Abkommens zu einer Konferenz zusammen, um Bilanz zu ziehen und sich auf ihr weiteres Vorgehen zu einigen. Als Ergebnis der letzten Konferenz im November 2019 in Oslo, zählt der Oslo Action Plan 50 konkrete Maßnahmen für den zukünftigen gemeinsamen Kampf gegen den Einsatz von Antipersonenminen auf.

Eine Dorfgemeinschaft in Angola dankt GGL für die Finanzierung von Minenrisiko-Schulungen.

GGL-Projekte setzen in diesem Zusammenhang insbesondere bei der Umsetzung von Maßnahmen in den Bereichen Minenräumung und -aufklärung sowie bei der Unterstützung von Minenopfern an.

Die „Universalisierung“ des Vertrags stand während der Konferenz in Oslo ebenfalls im Vordergrund. Dabei verpflichteten sich die Mitglieder die, durch den Vertrag festgelegten Normen, zu verteidigen. Zusätzlich verkünden sie: „Wir verurteilen den Einsatz von Antipersonenminen durch jeden Akteur und werden weiterhin keine Mühen scheuen, um das Abkommen zu verbreiten. Wir stützen unsere Bemühungen auf die Einhaltung unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen, einschließlich des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte.“

Seit 2005 findet jährlich am 4. April der Internationale Tag für die Aufklärung über die Minengefahren und der Unterstützung bei der Minenräumung statt. Spätestens an diesem Tag sollten die Vertreter der Mitgliedsstaaten des Ottawa-Abkommens ihren Worten Taten folgen lassen und sich klar gegen die Entscheidung Trumps positionieren, die den beachtlichen Fortschritt der letzten 20 Jahre nun zu zerstören droht.