MINENVERBOTSVERTRAG

Das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung (Ottawa-Konvention, auch Minenverbotsvertrag bzw. Mine Ban Treaty) ist ein völkerrechtlicher Vertrag zum Verbot von Antipersonenminen. Neben den im Namen definierten Verboten verpflichtet die Konvention die Mitgliedsstaaten zur Vernichtung von Lagerbeständen innerhalb von vier Jahren, zur Räumung minenverseuchter Gebiete innerhalb von zehn Jahren sowie zur Bereitstellung finanzieller Mittel für die Minenopferhilfe. Mitgliedsstaaten, die nicht von Minen betroffenen sind, haben den minenverseuchten Staaten bei der Minenräumung zu helfen.

Das Zustandekommen der Ottawa-Konvention ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein: So führte zum ersten Mal in der Geschichte öffentlicher Druck zu einem Waffenverbot. Auch waren NGOs erstmals direkt an der Ausarbeitung eines Völkerrechtsabkommens beteiligt.

Eine zentrale Rolle im Kampf gegen Landminen spielt die Internationale Kampagne zum Verbot von Landminen/International Campaign to Ban Landmines (ICBL). Als globales Netzwerk ist dieses Bündnis in rund 100 Ländern vertreten und setzt sich seit 1992 für eine Welt ohne Antipersonenminen ein, in der Überlebende von Landminen ein erfülltes Leben führen können. Auch Gemeinsam gegen Landminen (GGL) ist Mitglied von ICBL, dessen InitiatorInnen 1997 den Friedensnobelpreis erhielten.

Dem unermüdlichen Einsatz von ICBL ist es zu verdanken, dass 1997 das internationale Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung (Ottawa-Konvention) offiziell zur Unterzeichnung freigegeben werden konnte.

Österreich zählte zu jenen Ländern, die sich konkret für das Zustandekommen des Abkommens einsetzten und gleich zu Beginn diesem beitrat. Das Bundesgesetz über ein Verbot von Antipersonenminen wurde mit 1. Jänner 1997 erlassen.

Nach Unterzeichnung und Ratifizierung von 40 Ländern trat der Minenverbotsvertrag am 1. März 1999 in Kraft.

Die Entstehungsgeschichte der Ottawa-Konvention

Bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren wurden erstmals Bedenken innerhalb der internationalen Gemeinschaft gegen den Einsatz bestimmter Waffen, die wahllos verletzen und töten, geäußert. 1980 resultierte daraus das internationale Abkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können – auch Konvention über bestimmte konventionelle Waffen genannt.

Spätestens in den 1990er Jahren wiesen NGOs zudem immer deutlicher auf die verheerenden Auswirkungen von Landminen auf die Zivilbevölkerung in den betroffenen Regionen hin. Der viel beachtete Bericht “Landmines in Cambodia: The Coward’s War” des Internationalen Roten Kreuzes, welcher 1991 veröffentlicht wurde, verwies explizit auf die lebenslangen Schäden, die ein Minenunfall verursacht: „Die Studie zeigte auch, dass Landminenopfer weitaus mehr chirurgische Eingriffe, Bluttransfusionen und längere Krankenhausaufenthalte als die meisten Opfern anderer Waffen benötigen – ganz zu schweigen von lebenslanger Versorgung mit Prothesen“.

Mehr und mehr Länder sprachen sich infolgedessen gegen Landminen aus. Ein Totalverbot von Antipersonenminen im Rahmen der UN-Vereinbarung über konventionelle Waffen war jedoch nicht zu erreichen.

Angesichts dieser Tatsache setzte ICBL daher in enger Partnerschaft mit einer kleinen Anzahl von Staaten, dem Internationalen Roten Kreuz und der UNO den als Ottawa-Prozess bezeichneten Prozess in Gang, der später zur Annahme des Minenverbotsvertrags führen sollte.

Als wichtige Grundlage für den späteren Vertrag diente der erste Entwurf des Vertragstextes, der von österreichischen DiplomatInnen erarbeitet und im Anschluss an die Ottawa-Konferenz im Jahr 1996 mithilfe der österreichischen Botschaften weltweit in Umlauf gebracht wurde. Eine Konferenz in Wien im Februar 1997 lieferte der internationalen Staatengemeinschaft eine Gelegenheit, den Vertragstext weiter anzupassen.

Im September 1997 wurde der Minenverbotsvertrag in Oslo (Norwegen) verabschiedet und am 3. Dezember 1997 in Ottawa (Kanada) zur Unterzeichnung freigegeben. Am 1. März 1999 trat die Ottawa-Konvention, welche den Einsatz, die Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Antipersonenminen verbietet sowie ihre Vernichtung vorschreibt, offiziell in Kraft.

Bisher traten 164 Staaten dem Minenverbotsvertrag bei. Zuletzt unterzeichneten im Dezember 2017 Sri Lanka und Palästina den völkerrechtlich bindenden Vertrag. 36 Staaten haben den Vertrag noch immer nicht unterzeichnet, darunter USA, Russland, China, Israel, Syrien, Burma/Myanmar, Indien und Pakistan.

Auf der Webseite von ICBL hält eine interaktive Landkarte den Status (Mitgliedschaftsstatus, Kontamination mit Landminen und Streubomben und Größe der Lagerbestände) der einzelnen Länder zum Abruf bereit.

Die weltweite Minensituation im Jahr 2021: Zahlen & Fakten

Jährlich veröffentlicht die ICBL mit dem „Landminenmonitor“ einen umfassenden Report über die weltweite Minensituation. Der Landminenmonitor 2020, der 22. Report seit Beginn der Initiative, veranschaulicht die globalen Bemühungen zur Umsetzung und Universalisierung des Minenverbotsvertrages.

Dem Landminenmonitor 2020 zufolge war die Zahl der Opfer von Landminen und improvisierten Sprengsätzen, die wie Minen wirken, Blindgängern von Streubomben sowie anderen explosiven Kriegsresten im Berichtsjahr 2019 im fünften Jahr in Folge sehr hoch. Die seit 2014 anhaltend hohe Gesamtzahl ist laut dem Bericht vor allem auf eine große Opferzahl in Ländern mit intensiven bewaffneten Konflikten zurückzuführen, in denen in großem Umfang improvisierte Minen eingesetzt werden.

Im Jahr 2019 wurden mindestens 5.554 Opfer von Minen/ERW registriert: 2.170 Menschen wurden getötet, 3.357 Menschen wurden verletzt, bei 27 Opfern war der Überlebensstatus unbekannt. Obwohl die Gesamtzahl für 2019 einen Rückgang gegenüber den 6.897 Opfern von Minen/ERW im Jahr 2018 darstellt, lag sie immer noch um 60 % höher als die niedrigste ermittelte Jahreszahl von 3.457 Opfern im Jahr 2013. Jedoch bleibt die Erfassung vollständiger Daten aus Gebieten mit andauernden Kampfhandlungen eine Herausforderung, weshalb von noch höheren Opferzahlen auszugehen ist.

Wie akut Menschen weltweit auch heute noch durch Landminen und andere explosive Kriegsreste bedroht werden, zeigt die Karte der registrierten Landminenunfälle aus dem aktuellen ICBL-Jahresbericht (rechts). Demnach wurden 2019 Opfer in 55 Staaten und anderen Gebieten identifiziert, von denen 36 Vertragsstaaten des Minenverbotsvertrags sind. Die überwiegende Mehrheit der erfassten Opfer von Landminen/ERW, deren Status bekannt war, waren Zivilisten (80 %). Kinder machten 43 % aller jener zivilen Opfer aus, deren Alter bekannt war. Rund 85% aller Opfer, deren Geschlecht bekannt war, waren Buben und Männer. Betroffen sind insbesondere die in Konfliktgebieten in Afghanistan, Kolumbien, dem Irak, Mali, Nigeria, der Ukraine und dem Jemen lebenden Menschen.

Doch auch die Menschen in zahlreichen anderen Ländern, wie dem vom Krieg völlig verwüsteten Syrien sowie dem von Gefechten erschütterten Libyen sehen sich der tödlichen, von Landminen ausgehenden Gefahr extrem stark ausgesetzt. Trotz der internationalen Ächtung dieser Waffen wird ihr Einsatz vor allem durch nichtstaatliche Akteure fortgesetzt.

Doch der Bericht konnte auch auf zahlreiche Erfolge der Kampagne hinweisen. So wurden im Jahr 2019 mindestens 156 km² Land von Landminen geräumt und mehr als 123.000 Antipersonenminen geräumt und zerstört. Dies stellt einen Anstieg gegenüber den geschätzten 146 km² an geräumtem Land und den fast 98.000 zerstörten Landminen ddes Jahres 2018 dar. Die größte Gesamträumung von verminten Gebieten im Jahr 2019 wurde in Afghanistan, Kambodscha, Kroatien und Irak erreicht, die zusammen 86 % aller erfassten Räumungen ausmachten. Dabei konnte 2019 in Afghanistan, im Irak und im Jemen die Minenräumung trotz anhaltender Konflikte oder Unsicherheit fortgesetzt werden.

Im Jahr 2020 musste die Minenräumung aufgrund von COVID-19-bedingten Einschränkungen in Armenien, Bosnien und Herzegowina, Tschad, Kolumbien, Libanon, Peru, Senegal, Vietnam und Simbabwe sowie im Kosovo, der Westsahara und auf den Falklandinseln/Islas Malvinas vorübergehend ausgesetzt werden.

Ein wesentlicher Vertragsbestandteil der Ottawa-Konvention ist die Verpflichtung zur Minenräumung innerhalb von 10 Jahren. Dreißig Vertragsstaaten, ein Nichtvertragsstaat und ein weiteres Gebiet haben die Räumung aller verminten Gebiete auf ihrem Territorium seit Inkrafttreten des Vertrages abgeschlossen. Chile hat als jüngster Vertragsstaat Anfang 2020 den Abschluss der Räumung aller verminten Gebiete erklärt. Mit Stand vom 15. Oktober 2020 haben 25 Vertragsstaaten Fristen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach Artikel 5 beantragt, wodurch sich die jeweilige Frist bis spätestens 2025 verlängert. Vier Vertragsstaaten hattenbereits Fristen bis nach 2025: Kroatien (2026), Irak (2028), Palästina (2028) und Sri Lanka (2028), drei weitere Vertragsstaaten haben 2020 eine Verlängerung ihrer aktuellen Frist bis nach 2025 beantragt: Bosnien und Herzegowina (2027), Senegal (2026) und der Südsudan (2026).

Auch die Aktivitäten der Minenopferhilfe wurden 2020 durch COVID-19-bedingte Einschränkungen stark beeinträchtigt. Sie hinderten Überlebende und andere Menschen mit Behinderungen in einer Reihe von von Minen betroffenen Ländern am gleichberechtigten Zugang zu Diensten und an der Ausübung ihrer Rechte. Die Auswirkungen der Pandemie wurden noch dadurch verstärkt, dass in vielen Ländern jahrelang zu wenig Mittel für die Opferhilfe zur Verfügung standen. Minenopfer, vor allem in abgelegenen Gebieten, hatten oft schon Schwierigkeiten oder keinen Zugang zu angemessenen Diensten, durch die Pandemie wurden diese Komplikationen nochmals drastisch verschärft.

Ein Schritt vorwärts, zwei zurück: Trump ordnete erneuten Einsatz von Landminen an

Ende Januar 2020 hob der ehemalige US-Präsident Donald Trump das von seinem Vorgänger Barack Obama 2014 erlassene Verbot des unbegrenzten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär auf. Zuvor war US-Streitkräften der Einsatz von Anti-Personenminen ausschließlich an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea gestattet.

In einer Pressemitteilung des Weißen Hauses wurde die international umstrittene Kehrtwende u. a. damit gerechtfertigt, dass es darum gehe, dem „Militär die Flexibilität und die Fähigkeit zu geben, die es zum Siegen braucht“. Allerdings zweifeln ExpertInnen an der Erklärung des Weißen Hauses, dass die Gefahr für die Zivilbevölkerung durch die moderne Selbstzerstörungsfunktion von Minen gesenkt wird. Vielmehr seien die Fehlerquoten dieser Abschaltmechanismen zumeist bedeutend höher, als von den Herstellern angegeben. [Zusätzliche Informationen zu den Rahmenbedingungen eines möglichen erneuten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär gibt es hier.]

Gemeinsam gegen Landminen – GGL Austria startete gegen diese rückschrittliche Entscheidung der US-Administration im Februar eine Petition. Unserem Aufruf folgten viele unserer Unterstützerinnen und Unterstützer. Uns erreichten hunderte Nachrichten. Oft sammelte eine Person zwanzig oder mehr Unterschriften!

Durch die kurz darauf aufgetretene Pandemie konnten wir unsere Petition nicht zeitnah zu einem Abschluss bringen. Doch mit der Angelobung des neuen US-Präsidenten Joe Biden im Jänner 2021 war der richtige Augenblick gekommen: Seine Handlungen in Richtung Abrüstung geben berechtigten Anlass zur Hoffnung auf eine Änderung der US-Position in dieser Frage! Bei der Übergabe unserer Unterschriftenlisten im Außenministerium sprachen wir ausführlich mit dem zuständigen Spitzenbeamten von Außenminister Schallenberg, Botschafter Alexander Kmentt, Abteilungschef der Sektion für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Non-Proliferation. Dabei brachten wir unsere Forderung an Außenminister Schallenberg vor, im Namen Österreichs als Vertragsstaat und Gründungsmitglied der Ottawa-Konvention den US-Präsidenten Joe Biden formell zu ersuchen, das Verbot des unbegrenzten Einsatzes von Landminen durch das US-Militär wieder in Kraft zu setzen und einen Beitritt der USA zur Ottawa-Konvention zu erwirken.

Fünfzig Maßnahmen für eine minenfreie Welt

Alle fünf Jahre kommen die Mitgliedsstaaten des Ottawa-Abkommens zu einer Konferenz zusammen, um Bilanz zu ziehen und sich auf ihr weiteres Vorgehen zu einigen. Als Ergebnis der letzten Konferenz im November 2019 in Oslo, zählt der Oslo Action Plan 50 konkrete Maßnahmen für den zukünftigen gemeinsamen Kampf gegen den Einsatz von Antipersonenminen auf.

Die „Universalisierung“ des Vertrags stand während der Konferenz in Oslo ebenfalls im Vordergrund. Dabei verpflichteten sich die Mitglieder die, durch den Vertrag festgelegten Normen, zu verteidigen. Zusätzlich verkünden sie: „Wir verurteilen den Einsatz von Antipersonenminen durch jeden Akteur und werden weiterhin keine Mühen scheuen, um das Abkommen zu verbreiten. Wir stützen unsere Bemühungen auf die Einhaltung unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen, einschließlich des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte.“

Gemeinsam für eine Zukunft ohne Landminen

Der „Internationale Tag für die Aufklärung über die Minengefahren und der Unterstützung bei der Minenräumung“ findet seit 2005 jährlich am 4. April statt und verfolgt das Ziel, auf die weltweite Minenproblematik aufmerksam zu machen. Doch die Opfer von Minenunfällen benötigen unsere Unterstützung auch über diesen wichtigen Tag hinaus. Mittel und Wege sich für eine Welt frei von Landminen einzusetzen gibt es viele. Verschiedene Anregungen, wie auch Sie sich für eine landminenfreie Welt stark machen können, haben wir hier für Sie zusammengefasst. Wir würden uns sehr darüber freuen, Sie in Zukunft als UnterstützerIn bei GGL begrüßen zu dürfen!

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