Stellungnahmen

Russischer Einsatz von Landminen in der Ukraine

Presseinformation zum Internationaler Minenaktionstag am 4. April


Der nachgewiesene Einsatz von Antipersonenminen durch die russischen Streitkräfte in der Ukraine rückt die Minenproblematik in ein trauriges Rampenlicht. Gemeinsam gegen Landminen ruft die österreichische Regierung und die Regierungen aller 164 Mitgliedsstaaten des Minenverbotsvertrags dazu auf, den russischen Landmineneinsatz nachdrücklich zu verurteilen. Anlässlich des Internationalen Tages der Aufklärung über die Minengefahr am 4. April braucht es ein starkes Zeichen der internationalen Ächtung.

Nur eine Woche vor dem Internationalen Tag zur Aufklärung über die Minengefahr wurde am 28. März laut Human Rights Watch in der Ukraine der Einsatz von international geächteten Antipersonenminen durch die russischen Streitkräfte nachgewiesen. Bei den von ukrainischen Spezialist:innen zur Kampfmittelräumung aufgefundenen Minen handelt es sich um den neu entwickelten Typ POM-3, der nachweislich in Russland produziert und zum Bestand des russischen Arsenals gezählt wird.

Die fernverlegbaren Sprengfallen wurden offenbar aus speziell konstruierten Raketenwerfern abgefeuert. Ausgestattet mit einem seismischen Sensor erkennen sie eine sich nähernde Person und schleudern eine Sprengladung in die Luft. Bei der Detonation der Sprengladung können die von ihr weggeschleuderten Metallsplitter in einem Umkreis von 16 Metern wahllos Menschen töten und verstümmeln.

Gemeinsam gegen Landminen (GGL) verurteilt den Einsatz jeglicher Antipersonenminen und fordert einen sofortigen Einsatzstopp. „Wir rufen die österreichische Regierung und alle Regierungen der 164 Mitgliedsstaaten des Minenverbotsvertrags nachdrücklich dazu auf, sich klar zu positionieren und dieses Vorgehen entschieden zu verurteilen“, so GGL-Geschäftsführerin Barbara Kopf.

„Weltweit arbeiten viele Staaten und Organisationen seit Jahrzehnten intensiv daran, das gemeinsame Ziel einer minenfreien Welt zu erreichen“, erläutert Kopf. „Der rechtswidrige Einsatz von Antipersonenminen in Siedlungsgebieten ist ein schwerer Rückschlag für diese Bemühungen. Russland gefährdet damit bewusst das Leben und die Unversehrtheit von Zivilist:innen.“

Human Rights Watch, wie Gemeinsam gegen Landminen Mitglied der Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen und Streumunition (ICBL-CMC), hat in akribischer Detailarbeit auch den wiederholten Einsatz von Streumunition durch Russland seit dessen Angriff im vergangenen Februar nachgewiesen.

„Dörfer und Städte in weiten Teilen der Ukraine sind in kürzester Zeit von Minen, Streumunitionsresten und anderen explosiven Kampfmittelrückständen verseucht worden. Auch nach dem Ende der Kampfhandlungen wird die Zivilbevölkerung dadurch massiv bedroht und auf Jahre in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein“, betont Kopf. „Es braucht rasch Minenrisiko-Aufklärung, um die Menschen vor den Gefahren zu warnen.“

Gemeinsam gegen Landminen finanziert bereits seit 2017 derartige Aufklärungsprojekte in der Ostukraine mit und wird diese Unterstützung sobald als möglich deutlich ausweiten. Rasch müssen vor allem Kinder und Jugendliche altersgerecht und niederschwellig erreicht und dahingehend sensibilisiert werden.

Trotz der Gefahr für ihr eigenes Leben sind die meisten ukrainischen Teammitglieder unseres Projektpartners FSD vor Ort geblieben, um weiter zu helfen und ein humanitäres Nothilfeprogramm einzurichten. Gemeinsam gegen Landminen finanziert diese vielfältigen Hilfsleistungen mit.

Die Teammitglieder versuchen, möglichst viele Menschen vor den aktuellen Gefahren zu warnen. Informationen zur Risikoaufklärung werden derzeit vor allem über die sozialen Netzwerke intensiv verbreitet und erreichten bereits über 750.000 Menschen. Wo immer möglich, wird aber auch im persönlichen Gespräch und vor Kleingruppen informiert. Dabei wird nun auch erklärt, wie man sich z. B. bei Bombenangriffen bestmöglich schützt, wie man die Wohnung vor Explosionen, Splittern und Trümmern absichert oder wie man sich bei einem Chemiewaffenangriff verhalten sollte.

Darüber hinaus unterstützt GGL die ukrainischen Teams finanziell dabei, z. B. Schutzräume einzurichten und provisorische Transitzentren aufzubauen, Lebensmittel und andere wichtige Hilfsgüter zu verteilen oder Treibstoff für Evakuierungsfahrten zu zahlen. Derzeit werden von unserem Projektpartner Notfall-Minenräumteams eingerichtet, um die Schlüsselinfrastruktur zu räumen, den Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen und kontaminierte Gebiete zu markieren.

Der Einsatz der Teammitglieder ist enorm. Am 24. März musste unser Projektpartner den Tod eines Mitarbeiters bekannt geben, der bei der Bombardierung von Mariupol ums Leben kam. Von vier weiteren Teammitgliedern in dieser heftig umkämpften Stadt, in der FSD bis zu dem russischen Angriff einen Stützpunkt unterhielt, fehlt seit längerem jegliches Lebenszeichen.